Folgende Resolution wurde auf einem Teach-in vom AStA der Philipps-Universität Marburg und der GEW-Hochschulsektion Marburg am 27.1.1972 einstimmig von ca. 1.500 Teilnehmern verabschiedet:
Die am 27.1. im Auditorium Maximum der Philipps-Universität versammelten Studenten, wissenschaftliche Mitarbeiter, Professoren und Gewerkschafter bekennen sich zur Notwendigkeit einer gewerkschaftlichen Orientierung aller Demokraten und Sozialisten an den Universitäten im Kampf gegen eine reaktionäre Formierung der Universitäten im Interesse des Großkapitals. Der Kampf um den Aufbau einer gewerkschaftlichen Gegenmacht in den Universitäten orientiert sich an den aktuellen und perspektivischen Interessen der Studierenden und Lehrenden als Lohnabhängige. Er kann nur erfolgreich werden, in Verbindung mit dem Kampf um die Berufung von Hochschullehrern, die bereit und imstande sind, die Klasseninteressen der abhängig Arbeitenden solidarisch zu analysieren und wissenschaftlich zu artikulieren. Gegen eine solche demokratische Politik an den Hochschulen richtet sich der massive Angriff der publizistischen, politischen und professoralen Handlanger des Großkapitals.
Die am 27.1. im Auditorium Maximum Versammelten begrüßen es, daß der Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Philipps-Universität im Juli 1971 den Politologen Dr. Frank Deppe für eine H4-Professur im Fach Wissenschaftliche Politik einstimmig nominiert hat, und daß der Senat der Universität diesem Vorschlag mit großer Mehrheit zustimmte. Mit Dr. Deppe würde die Marburger Universität einen Hochschullehrer gewinnen, der in zahlreichen Veröffentlichungen Probleme der Gewerkschaften auf hohem theoretischen Niveau untersucht und dabei immer wieder die Interessen der abhängig Arbeitenden in der BRD wissenschaftlich vertreten hat.
Aus den gleichen Gründen begrüßen wir die Nominierung von Dr. Eberhard Schmidt für eine H2-Professur.
Die Teilnehmer an dieser Versammlung verurteilen die Verschleppung des Berufungsverfahrens von Frank Deppe durch den Hessischen Kultusminister. Diese Verzögerung signalisiert ein Zurückweichen des Ministers vor der Hochschulreaktion.
Die versammelten Mitglieder dieser Universität werden auf der H4-Professur für Wissenschaftliche Politik II keinen anderen Hochschullehrer als Frank Deppe akzeptieren. Sie fordern den Kultusminister auf, ihn sofort zu berufen.
Die bisherige Verweigerung der Berufung von Frank Deppe und der Ernennung von Hans-Heinz Holz durch das Kultusministerium ist ein Teil jener Repressionsmaßnahmen sozialdemokratischer Personalpolitik, durch die radikale Demokraten, Kommunisten und unorganisierte Marxisten dem Staatsdienst entweder ferngehalten oder dort diskriminiert werden. Neueste Glieder in dieser Kette sind die disziplinarischen Maßnahmen gegen Peter Brückner und Jürgen Seifert und die verantwortungslose Kampagne, die neben der Presse des Springer-Verlages auch angeblich fortschrittliche Zeitungen wie die „Frankfurter Rundschau“ gegen die Berufung des Gießener Professors, Dr. med. Erich Wolff und des Marburger Soziologie-Assistenten Dr. med. Ulrich Deppe auf Professuren an einem Institut der Freien Universität Berlin eingeleitet haben.
Die Versammlung wendet sich aufs schärfste gegen diese Praxis, die in ihrer Konsequenz zur Zerstörung der Demokratie führen muß. Sie warnt die heute und morgen in Bonn versammelten Ministerpräsidenten und Innenminister vor einer Fortsetzung dieses demokratiefeindlichen Kurses.
Betriebsrat der Firma Monette
Mbg., d. 26.1.72
Der Betriebsrat der Firma Monette solidarisiert sich mit dem Kollegen Deppe. Als Gewerkschafter ist es uns nicht gleichgültig, wer die Lehrer ausbildet, die unsere Kinder unterrichten werden.
Wir brauchen Lehrer, die unseren Kindern helfen, ihren Platz im Leben als aktive Demokraten, gute Gewerkschafter und Kollegen zu finden. Frank Deppe hat durch seine gute Arbeit in der Gewerkschaft gezeigt, daß er dazu in der Lage ist.
Da die meisten Lehrstühle von Konservativen und Rückständigen besetzt sind, fordern wir seine Berufung nach Marburg.